18. Juli 2015
Aquatische Carnivoren – vorgestellt von Dr. Andreas Fleischmann
von Stephan Mitschik
Claus-Dieter Junge begrüßt am 18.07.2015 die Besucher des dritten diesjährigen Treffens des Arbeitskreises Wasserpflanzen Region Bayern-Süd in der Gaststätte „Amperlust“ in Esting. Er macht dabei noch einmal auf das Jahrestreffen des Arbeitskreises vom 2. bis 4. Oktober in Dessau aufmerksam. Der Anmeldeschluss ist hier der 21. August. Desweiteren heißt Junge den Referenten des Treffens, Dr. Andreas Fleischmann, herzlich willkommen, der uns die Welt der aquatischen Karnivoren aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel näherbringen möchte. Der Referent aus Landsberg am Lech weist zunächst darauf hin, dass die im Vortrag verwendeten Fotos aus der Natur, sowie aus Kultur stammen, wobei aquatische fleischfressende Pflanzen sehr schwierig zu kultivieren sind. Weltweit gibt es rund 800 fleischfressende Pflanzenarten, wovon zum Beispiel der Sonnentau, der Wasserschlauch, das Fettkraut, sowie die Venusfliegenfalle die bekanntesten sind. Anders verhält es sich mit den aquatischen Formen dieser außergewöhnlichen Pflanzen. Die Familie der Droseraceae der Sonnentaugewächse, zu der auch die Venusfliegenfalle Dionea und die Wasserfalle Aldrovanda gehört, umfasst 250 Arten. Ihnen gemeinsam ist die Fähigkeit, durch Einsaugen oder schnellem Zuklappen ihre Beute zu fangen. Anhand von Schaubildern macht Dr. Fleischmann den interessierten Zuhörern deutlich, wie sich diese Klappfallen aus primitiven Blättern mit sekretorischen Drüsen in der Evolution entwickelt haben könnten.
Aldrovanda
Zunächst geht der Referent auf die Gattung Aldrovanda, der aquatischen Schwester der Venusfliegenfalle, ein. Sie wächst bei einer Temperatur von 35°C bis zu 1 cm pro Tag, bevorzugt allerdings nährstoffarmes Wasser, das keine Fadenalgen enthält. Sie ist nicht winterfest, ihre Verbreitung erfolgt durch den Zugvögel. Die an den Blättern befindlichen Borste dienen als Abstandshalter, um nicht leer zuzuschnappen. Berührt ein Beutetier, zum Beispiel eine Mückenpuppe die Borsten einmal, schnappt die Falle zu, und die Beute wird durch Sekrete der an den Blättern befindlichen Drüsen verdaut.
Utricularia
Im Folgenden geht Dr. Fleischmann auf die Familie der Utricularia, der Wasserschlauchgewächse, ein. Sie gehören zur Ordnung der Lamiales, der Lippenblütenartigen. Weltweit gibt es 240 Arten von Utricularia, wobei in Europa und auch in Bayern sieben davon existieren. 10 Prozent der Utricularia-Arten sind aquatisch, sie kommen meistens terrestrisch aber auch epiphytisch vor. Diese Pflanzen besitzen keine Blätter, sondern Fangblasen, die als Saugfallen fungieren. Berührt eine Beute, das vor der Klappe befindliche Sinneshärchen, öffnet sich die Klappe, und durch den Unterdruck in der Fangblase wird die Beute mitsamt dem Wasser eingesaugt. Dabei wendet die Pflanze auch Mimikry, das heißt sie imitiert ihre Beute, zum Beispiel eine Daphnie. So wird die Beute angelockt, und kommt sie der Fangblase zu nahe, wird sie eingesaugt. Durch Sekretionsdrüsen im inneren der Blase wird die Beute dann verdaut. Faszinierend sind auch Utricularia, die in Venezuela in den Tafelbergen epiphytisch in Bromelien wachsen. Hier entwickelt die Pflanze sowohl große als auch kleine Fallen, denn die Beutetiere sind hier in unterschiedlichsten Größen vorzufinden. So bevölkern auch die Kaulquappen von Pfeilgiftfröschen diese Mikroteiche im Zentrum der Bromelie, und dienen somit auch den Pflanzen als Nahrungsquelle. Überhaupt sind Wasserschläuche überall da zu finden, wo auch nur die kleinsten tropfenartigen Wasserstellen an Pflanzen existieren. Schließlich hat Utricularia noch einen Rekord aufzuweisen: sie besitzt die Art mit der kleinsten vollständigen Blüte unter den Bedecktsamern, U. simmonsii. Sie misst nur etwa einen halben bis einen Millimeter im Durchmesser und wurde 2008 im Northern Territory in Australien gefunden.
Genlisea
Zum Schluss seines Vortrags geht Dr. Fleischmann noch auf die Gattung Genlisea ein, die eine gegenüber den bisher vorgestellten aquatischen Carnivoren in der Evolution noch weitergehende Spezialisierung entwickelt hat: die Reusenfalle. Die Pflanze hat dimorphe Blätter: die carnivoren Rhizophylle und die photosynthetischen Blätter. Sie benötigt zum Fangen von Beute immer fließendes Wasser, ist also häufig an Quellaustritten zu finden. Zu ihrer Beute gehören Nematoden, Milben aber auch Protozoen. Die Beute kann sich bei dieser Pflanze nur in eine Richtung bewegen, und die geht Richtung Magen. Dieser ist mit besonders vielen sekretorischen Drüsen ausgestattet, und verdaut die Beute. Hier wurden Crustaceen, Algen, aber auch Amöben gefunden. Was die Verbreitung und die Habitate anbelangt, ist Genlisea auch sehr vielfältig aufgestellt. Man findet sie sowohl auf den Inselbergen in Guinea, als auch in vielen Gebieten Mittel- und Südamerikas, sowie in Afrika, die saisonal nass sind beziehungsweise auch auf Quarzsand- oder eisenhaltigen Gesteinskrusten. Sie ist auch häufig mit Sphagnum-Moospolstern vergesellschaftet.
Pflanzenlotto
Nach diesem hochinteressanten und wissenschaftlich fundierten Vortrag gab es wieder eine Versteigerung von Cryptocoryne blasii, sowie das obligatorische Pflanzenlotto mit vielen Wasserpflanzen, aber auch den dazugehörenden Pflegeprodukten.
Vielen Dank an Dr. Andreas Fleischmann für den tollen Vortrag!